Die Konsequenz eines Neins zum Gripen
Carte Blanche von Konrad Alder, ehemaliger Redaktor «Schweizer Soldat».
Bürger, die beim Plebiszit über den Kauf von 22 Gripen E am 18. Mai damit liebäugeln oder gar planen, ein Nein in die Urne zu legen, sollten vor dem Ausfüllen ihres Stimmzettels die Analyse «Die neue europäische Realität – Umschwenken auf Konfrontationskurs» von Jonas Grätz, Senior Researcher am Center for Security Studies der ETH lesen. In einem Beitrag kommt der Analyst zum Schluss, dass «durch Russlands Vorgehen das Militär als probates Mittel der Politik in Europa wieder ganz nach oben auf die Tagesordnung gerückt ist» und «Europa erstmals seit Ende des Kalten Krieges vor einer ernsten strategischen Herausforderung steht»!
Keine ernst zu nehmende Nation gibt freiwillig ihre Luftwaffe auf.
Selbst SP-Präsident Levrat als Gripen-Gegner gelangt beim Interview mit einer Sonntagszeitung zur gleichen Erkenntnis. Er zeigt sich alarmiert und hält im Kontext der Krim-Krise Folgendes fest: «Stellen Sie sich vor: Wir haben erstmals seit dem Fall der Berliner Mauer wieder eine reale Kriegsgefahr zwischen Ost und West, die OSZE mit Bundesrat Burkhalter an der Spitze versucht einen Beitrag zum Frieden zu leisten.» Das zeigt, dass Levrat den Ernst der Lage in Europa klar erkennt. Nur fehlen ihm Kraft und Wille, die notwendigen Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu ziehen und die fällige Korrektur der SP-Sicherheitspolitik einzuleiten.
Die SP Schweiz wäre gut beraten, die aktuelle geo- und militärpolitische Entwicklung in Europa dafür zu nutzen, ihre seit dem Parteitag 2010 programmatische Position für eine Abschaffung unserer Armee auf den Prüfstand zu stellen. Ihre schwedischen Genossen haben das bereits getan und sind zum Schluss gekommen, dass Schweden einer grundsätzlichen Neuausrichtung seiner Verteidigungsanstrengungen bedarf. Man will gemäss den Aussagen von Stefan Löfven, dem Führer der oppositionellen Sozialdemokraten, weg von internationalen Einsätzen und zurück zur traditionellen Landesverteidigung. Er kritisiert die aus finanziellen Gründen völlig ungenügende Fähigkeit der Streitkräfte zur Verteidigung Schwedens hart und verlangt von der bürgerlichen Regierung eine sofortige Korrektur ihrer Verteidigungspolitik. Und diese ist im Lichte der völlig überraschenden Entwicklung in der Ukraine dazu erstmals auch bereit. Als Beispiel dafür sei die zurzeit laufende Diskussion um einen U-Boot-Auftrag erwähnt. Dieser soll von 2 auf neu 5 Einheiten erhöht und der Wehrhaushalt massiv aufgestockt werden.
Nicht zuletzt wegen der Krise in der Ukraine sowie dem sich in zahlreichen europäischen Staaten abzeichnenden Umdenken in der Sicherheitspolitik tut auch die Schweiz gut daran, sich für alle Eventualitäten vorzubereiten. Dazu gehört der Kauf des Gripen E. Ein Verzicht auf diesen stellt den ersten Schritt zur Abschaffung unserer Luftwaffe und nachgelagert unserer Armee dar. Denn ohne eine schlagkräftige Luftwaffe für die Überwachung und Kontrolle unseres Luftraums gibt es auch keinen glaubwürdigen Sicherheitsverbund für Schutz, Rettung und Verteidigung am Boden. Das belegen alle Konflikte der jüngeren Weltgeschichte eindrücklich.
Bei einem Nullentscheid wird die Schweiz bereits ab 2025 über keine Kampfflugzeuge für den Luftpolizeidienst in Friedenszeiten und die Kontrolle unseres Luftraums im Konfliktsfall mehr verfügen. Der Grund dafür ist, dass die F/A-18 wegen einer intensiveren Nutzung schneller das Ende ihres Fliegerlebens erreichen. Keine ernst zu nehmende Nation auf dieser Welt gibt freiwillig ihre Luftwaffe auf und entwaffnet sich selbst. Denn mit Ausnahme unserer Armeeabschaffer aus SP, GSoA und den Grünen wissen alle, dass sie ohne eine glaubwürdige Luftverteidigung die Sicherheit ihres Territoriums und den Schutz ihrer Bevölkerung nicht gewährleisten können.